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Marfan Hilfe (Deutschland) e.V.

Vortragszusammenfassung: PD Dr. Kallenbach, Heidelberg, gab einen Überblick über die verschiedenen kardio-chirurgischen Maßnahmen, die bei Patienten mit Marfan-Syndrom erforderlich sein können: Dies betrifft v.a. die Bereiche: Mitralklappenchirurgie, Aortenwurzelchirurgie, Aortenbogenchirurgie und Chirurgie der thorako-abdominellen Aorta.

 

a) Mitralklappenchirurgie
Bei der Mitralklappe handelt es sich um eine aktive zweiflügelige Herzklappe, die an Sehnenfäden aufgehängt ist. Die Mitralklappe trennt den linken Vorhof von der Hauptkammer und sorgt dafür, dass das mit Sauerstoff angereicherte Blut nicht vom Herz in die Lunge zurück fließen kann.

Die Mitralklappe ist bei Undichtigkeiten mit sehr gutem Erfolg rekonstruierbar. Die konventionelle Operationstechnik stellt v.a. bei jungen Frauen aufgrund der Operationsnarbe ein großes kosmetisches Pro-blem dar. Die Operation erfolgt zunehmend minimalinvasiv. Hierfür ist nur noch ein ca. 6 cm langer Einschnitt erforderlich, der bei Frauen unter der Brustfalte, bei Männern unter der Brustwarze durchgeführt wird.

b) Aortenwurzelchirurgie
Die Aortenwurzelchirurgie stellt den wichtigsten Bereich beim Marfan-Syndrom dar. Die Indikation für eine Aortenwurzeloperation ist unscharf, heute wird zunehmend früher geplant operiert. Die Leitlinien aus den USA geben an, ab einem Aortendurchmesser von 5 cm oder geringer zu operieren. In Heidelberg z.B. wird eine Operation bei gesichertem Marfan-Syndrom in der Regel ab einem Durchmesser von ca. 4,5 cm durchgeführt, bei gesichertem Loeys-Dietz-Syndrom oder geplanter Schwangerschaft bereits ab ca. 4 cm. Ziele der Operation sind zum einen ein stabiles Langzeitergebnis, zum anderen die Vermeidung von Antikoagulation (Marcumar).

Es gibt 4 Operationstechniken:

  • suprakommisural: Diese Methode ist schnell und einfach, jedoch beim Marfan-Syndrom völlig ungeeignet.
  • Conduit-Verfahren: Hierbei wird eine Aortenprothese eingenäht, in die eine künstliche, mechanische Aortenklappe eingebaut ist. Hauptnachteil ist, dass die lebenslange Einnahme von Blutgerinnungshemmern erforderlich ist. Zudem besteht ein erhöhtes Risiko für Embolien.
  • Remodelling nach Yacoub
  • Reimplantation nach David

Sowohl die Methode nach Yacoub als auch die nach David wurden in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Mit beiden Methoden erzielen Operateure, die Erfahrung mit Marfan-Patienten haben, heute sehr gute Langzeitergebnisse, wobei die David-Methode bei Marfan-Syndrom bevorzugt wird. Bei geplanten Operationen ist die Lebenserwartung bei klappenerhaltenden Operationen in einem erfahrenen Zentrum heute praktisch identisch zur Normalbevölkerung.

Dass die Aortenwurzeloperation möglichst rechtzeitig und geplant erfolgen sollte, wird auch dadurch belegt, dass bei akuten Aortendissektionen im aufsteigenden Teil (Typ A Dissektionen) immer noch bis zu 80% der Patienten bereits vor dem Erreichen der Klinik versterben. Neuere Zahlen belegen, dass jedoch selbst bei Notfalloperationen durch erfahrene Chirurgen eine klappenerhaltende Operation möglich ist und gute und stabile Ergebnisse liefern kann.

Derzeit arbeiten insgesamt 54 Zentren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz daran, die Fallzahlen von über 3000 operierten Patienten mit Aortendissektionen in einem gemeinsamen Register (GERAADA) zu sammeln und auszuwerten. Hierdurch entsteht das bisher weltweit größte Register zur Aortenchirurgie bei Typ A Dissektionen. Ziel ist, eine sog. S3-Leitlinie zur Behandlung von Typ A Dissektionen zu erstellen.

c) Aortenbogenchirurgie
Hierbei wird unterschieden zwischen Teilersatz oder Komplettersatz des Bogens, ggf. mit „Elephant-Trunk" als Vorbereitung für eine spätere Operation des absteigenden Teils der Aorta.

Besonders wichtig ist, während dieser Operation das Gehirn des Patienten zu schützen, da der Kreislauf während dieser Operation zeitweise angehalten werden muss. Zur Verlängerung der Zeit, die für die Operation zur Verfügung steht, ohne dass Schäden am Gehirn entstehen, wird der Körper im Kreislaufstillstand mit selektiver Perfusion der Kopfgefäße nicht mehr zwangsläufig bis auf 20° C gekühlt werden.

d) Chirurgie der thorako-abdominellen Aorta
Der Ersatz des absteigenden Teils der Aorta stellt immer einen großen und aufwändigen Eingriff dar. Besonderes Problem ist der Schutz des Rückenmarks bzw. das Risiko der Querschnittslähmung. Die Operation erfolgt immer unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und unter Kühlung des Patienten, sowie Perfusion der unteren Körperhälfte.

Bei nicht vom Marfan-Syndrom betroffenen Patienten kann z.T. mit sog. Stents gearbeitet werden. Diese Technik ist beim Marfan-Syndrom jedoch aufgrund der schwachen Gewebestruktur in der Regel nicht möglich, da dies in fast allen Fällen zum Erfordernis einer Reoperation führt.

/ Rainer Süß

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